In diesem Jahr kommen etliche autarke VR-Brillen auf den Markt, einige sind bereits erschienen. Sie zeigen deutliche Unterschiede, vom Preis angefangen bis hin zur technischen Ausstattung. Manche bieten beispielsweise eine hohe Auflösung und eignen sich bestens für VR-Videos, andere wollen durch einen günstigen Preis den Massenmarkt ansprechen. Allen gemeinsam ist aber eines: Autarke Brillen bieten gegenüber beispielsweise PC- und Konsolen-Brillen eine einfachere Handhabung und eine erhöhte Reisetauglichkeit. Wir stellen die bisher angekündigten Headsets vor und wollen einen Überblick verschaffen.
Autarke VR-Brillen: Viele Stärken, gemeinsame Schwäche
Allgemein basiert derzeit jede autarke Brille auf einer mobilen Recheneinheit, wie man sie auch in Smartphones findet. Zudem besitzt keines der derzeit offiziell angekündigten VR-Headsets einen Anschluss für den PC – somit ist man auf die Rechenleistung der Brille fixiert und kann diese nicht durch den Anschluss einer externen Recheneinheit erhöhen. Da die Entwicklung gerade bei Smartphone-Prozessoren sehr schnell ist, sitzt man schon bald mit quasi veralteter Hardware da, ohne sie in irgendeiner Form upgraden zu können.
Die treibende Kraft hinter autarken VR-Brillen ist oft der Hersteller Qualcomm, der mit der Top-Linie seiner Snapdragon-Prozessoren auf den VR-Bereich schielt. Die Koreaner arbeiten seit geraumer Zeit an einem Referenzmodell einer autarken VR-Brille, das andere Hersteller als Grundlage für eigene Brillen verwenden können. Allerdings sind die Lösungen der umsetzenden Unternehmen größer als beispielsweise bei den Windows Mixed Reality Headsets, die auf einem Referenzmodell von Microsoft basieren. Eine Sonderstellung bei den autarken Brillen nimmt Oculus ein – die Facebook-Tochter entwickelt ein eigenes Design inklusive Tracking.
Oculus Go ab 200 US-Dollar
Die Oculus Go soll noch im Frühjahr 2018 auf den Markt kommen und VR massenhaft in die Haushalte bringen. Damit das gelingt, siedelt Oculus seine Stand-alone-Brille im unteren Preisbereich an. 200 US-Dollar soll das Modell mit 32 GB Speicher kosten. Die Version mit 64 GB wird teurer, einen Preis nannte die Facebook-Tochter hier allerdings noch nicht.
Der Prozessor ist von allen hier vorgestellten autarken Brillen zwar der schwächste, sollte aber für eine flüssige Erfahrung von mobilen Spielen ausreichend sein. So ist die Oculus Go kompatibel mit der Samsung Gear VR und wird wohl zum Start auch alle Titel erhalten. Ein kürzlich geleaktes Verpackungsbild spricht von über 1000 VR-Erfahrungen und -Filmen. Die Oculus Go bietet kein Roomscale, der Controller wird lediglich mit 3DoF getrackt. Das LC-Display löst mit 2560 x 1440 Bildpunkten auf. Dank neuer Linsen verspricht Oculus allerdings ein sehr klares Bild.
Lenovo Mirage Solo für 400 US-Dollar
Der chinesische Hersteller tanzt mittlerweile auf allen AR- und VR-Hochzeiten und will in diesem Jahr die Lenovo Mirage Solo veröffentlichen. Ein genaues Datum gibt es zwar nicht, ungefähr zur Jahreshälfte soll es aber so weit sein. Als Software-Lieferant dient der Google Daydream Store, womit das Spiele-Angebot sehr viel übersichtlicher ausfallen dürfte als bei der Oculus Go. Dafür glänzt die Mirage mit einem großen Angebot an Erfahrungen. Für die Version für Bildungseinrichtungen verspricht Lenovo über 700 VR-Exkursionen von Google.
Für den höheren Preis bietet die Mirage Solo einiges mehr als die Oculus Go. Beispielsweise einen microSD-Kartenslot, mit dem sich der 64 GB große interne Speicher erweitern lässt. Vor allem der Transfer von Filmen fällt somit wesentlich leichter. Zudem soll die VR-Brille von Lenovo den Snapdragon 835 besitzen und damit einen leistungsfähigeren Prozessor als die Oculus Go. Hauptunterschied ist allerdings das Tracking, denn die Mirage Solo beherrscht Inside-Out-Tracking und damit Roomscale. Ein Pferdefuß ist hingegen der Controller, der wie bei den anderen mobilen Lösungen lediglich mit 3DoF getrackt wird. Die Auflösung des Displays liegt bei 2560 x 1440 Bildpunkten.
HTC Vive Focus für 635 US-Dollar
Im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Headsets ist die Vive Focus schon auf dem Markt. Allerdings bisher nur in China. Ob die autarke Brille auch im Westen erscheint, hängt vom Erfolg im Heimatland des Herstellers ab. Die technischen Daten der Vive Focus sind sehr ähnlich zur Mirage Solo und die Brille basiert ebenfalls auf dem Referenzdesign von Qualcomm. Der Tracking-Bereich ist größer, allerdings besitzt auch die Vive Focus nur einen Controller mit 3DoF. Mit einem Software-Trick soll über die Kameras der Vive Focus zwar auch ein Tracking mit 6DoF möglich sein, man muss aber abwarten, wie gut das funktioniert und wie oft Entwickler die Möglichkeit in ihre VR-Titel einbauen.
Wichtigster Unterschied zur Mirage Solo ist das Display, das bei der Vive Focus mit 2880 x 1600 Bildpunkten wesentlich höher auflöst und damit ein hervorragendes Bild liefern sollte. Das würde die Vive Focus zum idealen Abspieler für VR-Filme machen. Ursprünglich sollte die Brille im Westen den Google Daydream Store als Software-Lieferanten erhalten, jedoch hat sich HTC umentschieden. Falls die Brille im Westen erscheinen sollte, wird sie wie das chinesische Original auf den eigenen Vive Wave Store zurückgreifen.
Pico Neo VR für 750 Euro
Von allen autarken VR-Brillen ist die Pico Neo VR die derzeit teuerste – dafür lässt sie sich als einzige technisch höhenwertige Lösung bei uns aktuell vorbestellen. Sie bietet wie die Vive Focus eine Auflösung von 2880 x 1600 Bildpunkten, allerdings punktet die Pico bei der Bildwiederholfrequenz. Als einzige hier genannte Lösung (mit Ausnahme von Santa Cruz) erreicht sie wie PC Headsets flüssige 90 hz.
Das Besondere an der Pico Neo VR: Sie beherrscht nicht nur Inside-Out-Tracking und damit Roomscale, sondern bietet auch zwei Controller mit 6DoF-Tracking. Damit robbt sie von den technischen Möglichkeiten sie relativ dicht an PC-Brillen heran. Allerdings soll nach mehreren Berichten das Tracking der Controller nicht perfekt sein. Ein großes Problem von Pico bei den bisherigen VR Headsets war die Software-Versorgung, die der Hersteller in die eigenen Hände nahm. Das Ergebnis ist bis heute eine sehr übersichtliche Auswahl an VR-Erfahrungen. Mit der Pico Neo VR verabschiedet sich der Hersteller von dem Gedanken einer eigenen Lösung und will auf den Vive Wave Store setzen.
Oculus Santa Cruz
Die Oculus Santa Cruz dürfte (fast) alle Wünsche an ein autarkes Headset erfüllen können: In ersten Hands-on auf der Oculus Connect 4 berichten Tester übereinstimmend, dass das Tracking hervorragend arbeite. Dazu setzt die Santa Cruz gleich vier Kameras ein, die Hände und Raum erfassen. Ansonsten bleiben aber viele Fragen offen, sogar der finale Name steht noch nicht fest. Ob das Endprodukt in diesem Jahr noch auf den Markt kommt, steht ebenso in den Sternen wie der Preis und weitere technische Details. Zumindest will Oculus in diesem Jahr erste Entwicklerkits verschicken.