Gerade hat Oculus die Oculus Quest und die Oculus Rift S zur Vorbestellung freigegeben und am 21. Mai möchte das Unternehmen die neuen VR-Brillen ausliefern. Wir konnten die Oculus Quest bereits ausführlich testen und sagen euch in diesem Review, was wir von der autarken Lösung halten. Um nicht nur eine Meinung in diesem Test zu vertreten, ist dieses Review in Zusammenarbeit mit Simon Graff von nextReality.Hamburg entstanden.
Oculus Quest im Test: Virtual Reality für die Masse
Die Oculus Quest klingt auf den ersten Blick recht unspektakulär: Ein Qualcomm Snapdragon 835, eine Bildwiederholrate von 72Hz und eine Auflösung von 1440×1600 Pixel pro Auge. Die wahre Stärke der Brille steckt aber nicht in den verbauten Teilen, sondern darin, was Oculus aus diesen herausgeholt hat. Die Oculus Quest ist nämlich keine gewöhnliche autarke VR-Brille. Das neue Produkt aus dem Hause Oculus verfügt über Inside-Out-Tracking, trackbare Controller und nahezu perfekt angepasste Software. Hinzu kommt eine gute Akkulaufzeit von 2-3 Stunden, eine Ladezeit von knapp zwei Stunden, einen Regler für den Pupillenabstand, eine sehr hochwertige Verarbeitung, angenehme Materialien und Kopfhörer, die sich wie bei der Oculus Go in der Halterung verstecken (optional bietet Oculus auch In-Ear-Kopfhörer an).
Die neuen Touch Controller sind ebenfalls hochwertig verarbeitet und liegen gut in der Hand. An die perfekte Ergonomie der Touch Controller für die ursprüngliche Rift reichen sie nach unserem Eindruck zwar nicht heran, aber dafür sind sie etwas kleiner und schicker. Gefüttert werden die Touch Controller weiterhin mit jeweils einer AA-Batterie, die dem Paket beiliegen.
Das Tracking der Controller funktioniert recht zuverlässig und wir hatten nur sehr selten sichtbare Ausfälle. Sollten die Kameras die Controller nicht mehr erfassen können (Controller hinter dem Kopf/Körper) bleiben sie fest an der letzten erkannten Stelle stehen und nur noch die Drehungen werden übertragen. Die neue Position im Raum jedoch nicht. In den meisten aktuell verfügbaren Spielen (Beat Saber eingeschlossen), fiel uns dieser Umstand aber nicht negativ auf. Führt man die Controller zu nah an die Brille heran, kann es aber ebenfalls zu kleinen Verzögerungen kommen. Dies fiel uns beim Testen von Creed auf.
Doch wie fühlt es sich an, mit der Quest in die Virtual Reality abzutauchen?
Virtual Reality war noch nie so einfach
Wenn eure Quest einmalig über das Smartphone aktiviert wurde, ist der Sprung in die Virtual Reality erstaunlich einfach. Ihr setzt die VR-Brille auf und schon begrüßt euch der Pass-Through-Modus (die reale Welt wird über die Kameras eingeblendet), welcher euch akkurat die Position eurer Controller anzeigt und mit einem Klick den Boden erkennt. Anschließend zeichnet ihr in wenigen Sekunden einen Space um euch herum ein und schon könnt ihr euch frei im festgelegten Raum bewegen. Der minimale Platz für Room-Scale-VR beträgt 2×2 Meter. Der maximale Space betrug in unserem Test 10×10 Meter. Wird das eingezeichnete Spielfeld überschritten, blendet sich sofort der Pass-Through-Modus ein, was ein sicheres Gefühl beim Spielen vermittelt. Während bisher das Einrichten eines Raums für VR-Brillen nie zu meinen Hobbys zählte, macht der Vorgang mit der Oculus Quest erstaunlich viel Spaß, weil der Prozess sehr komfortabel und schnell abschließbar ist.
Generell funktioniert die Oculus Quest an vielen Orten, doch mit sehr hellem Licht (Sonnenlicht) und sehr dunklen Räumen hat das Tracking Probleme. In einer beleuchteten Wohnung oder in einem Büro funktioniert die Quest optimal. Im Freien war ins unserem Test die Oculus Quest überhaupt nicht verwendbar, auch wenn wir uns in den Schatten unter einer Brücke gestellt haben.
Auch das Vorführen der Quest ist extrem komfortabel, da sich das angezeigte Bild direkt auf einen Fernseher oder auf das Smartphone mit sehr geringer Latenz spiegeln lässt.
Bildeindruck
Der Bildeindruck der Oculus Quest kann sich durchaus mit High-End-Systemen für den PC messen. Das Bild ist scharf, die erkennbare Struktur minimal und die Farben sind kräftig. Die geringe Bildwiederholrate war für uns nur in sehr hellen Räumen auffällig und ansonsten kaum bis gar nicht erkennbar. Der anpassbare Linsenabstand sorgt zudem dafür, dass auch Menschen mit einem großen oder kleinem Pupillenabstand ein sauberes Bild auf die Augen gezaubert bekommen. Zudem hat Oculus an Brillenträger gedacht und liefert die Quest standardmäßig mit einem Abstandshalter aus, der genügend Platz für eure Sehhilfe schafft. Der Schliff der Linsen war für uns in der VR nicht erkennbar und das Bild wirkte extrem klar.
Was jedoch all unseren Tester/-Innen aufgefallen ist: Es dringt um den Bereich der Nase relativ viel Licht ein. Beim Spielen war es jedoch kein Problem, diesen Faktor auszublenden.
Die Spiele für die Oculus Quest
Zum Start der Oculus Quest werden bereits über 50 Titel zur Verfügung stehen und einige kostenlose Inhalte werden euch ebenfalls begrüßen. So sind Demos von Beat Saber, Creed, Journey of the Gods, Space Pirate Trainer und Sports Scramble direkt vorinstalliert und laden zum Hineinschnuppern ein. Wir können zwar in diesem Test nicht auf alle Titel für die Quest eingehen, doch wir möchten exemplarisch an einigen Titeln zeigen, wie es um die Qualität der Inhalte bestellt ist.
Beat Saber: Eine Legende wird mobil (Simon)
Der System-Seller. Anders lässt sich Beat Saber für die Oculus Quest kaum beschreiben. Beat Games, die Entwickler des aktuell wohl populärsten VR-Spiels überhaupt, liefern auch auf der Oculus Quest ab: Die Beat-Saber Experience stimmt voll und ganz! Natürlich ist die Beleuchtung der Level nicht so spektakulär wie auf den stationären Systemen. Im Eifer des Gefechts fällt dies aber kaum auf. Das Spiel läuft performant auf der mobilen Hardware und macht am Ende ohne Kabel fast mehr Spaß, als auf allen anderen Plattformen — eine Adaption, die sich nicht verstecken muss! Einzig die Bässe der druckvollen Songs lassen auf dem integrierten Audio-Strap zu wünschen übrig. Für audiophile Menschen sind zusätzliche Kopfhörer für Beat Saber auf der Quest quasi ein Muss.
Creed (Chris)
Auf Creed für die Oculus Quest habe ich mich sehr gefreut, doch leider erfüllt das Spiel nicht ganz meine Erwartungen. Mit der reduzierten Darstellung der Umgebung kann ich leben und die Widersacher sehen auf der Quest extrem gut aus. Jedoch scheint das Spiel (zumindest in unserer Version) noch nicht perfekt optimiert zu sein. Kleinere Hänger stören den Spielfluss extrem und zerstören regelmäßig die Immersion. Bleibt zu hoffen, dass die finale Version im Store noch etwas Feinschliff erhält.
Journey of the Gods (Chris)
Journey of the Gods ist sicherlich nicht Zelda für VR, auch wenn es sich eindeutig an der Optik von “Zelda: Breath of the Wild” orientiert. Dennoch: Das Konzept macht Spaß, die optische Darstellung ist für ein mobiles System gut und die Gegner und die Spielmechaniken sind durchdacht. Lediglich die sehr spät auftauchenden Objekte ziehen das Gesamtbild etwas herunter, aber dafür ist auch kein leistungsstarker PC zum Zocken notwendig. Aktuell habe ich das Spiel noch nicht beendet, aber ich freue mich schon auf die restlichen Inhalte.
Apex Construct: Endlich echtes Gaming? (Simon)
Beim dystopischen VR-Abenteuer Apex Construct, welches bereits seit letztem Jahr für High-End-VR-Headsets verfügbar ist, handelt es sich um eine weitere Adaption für die Quest. Gerade mit dem Wissen um die limitierte Hardware, die in der Quest werkelt, haben Fast Travel Games beeindruckende Arbeit bei der Portierung geleistet. Weitläufige, verwinkelte Levels, viele Details in Innenräumen und eine insgesamt gute Performance bieten trotz visueller Abstriche ein überzeugendes Gesamtpaket, welches stundenlang fesselt. Gerade das fehlende Kabel der Quest macht die intensiven Bogen-Kämpfe gegen die Roboter-Armada zu einem wahren Vergnügen.
Videos mit der Oculus Quest schauen
Um Videos auf die Oculus Quest zu ziehen, müsst ihr nur die VR-Brille mit dem PC verbinden und schon könnt ihr eure eigenen Dateien in die Ordner eurer Wahl ziehen. Dabei ist es egal, ob es sich um klassische Videos handelt, um 180 Grad Videos oder 360 Grad Videos.
Fazit (Chris)
Die Oculus Quest ist das Produkt, auf was ich schon lange gewartet habe, ohne es zu wissen. Nie war Virtual Reality so leicht zugänglich und dennoch so qualitativ hochwertig. Sollten mich Freunde und Verwandte fragen, welches VR-System ich aktuell empfehlen kann, würde ich ausschließlich auf die Oculus Quest verweisen. Gerade für private Zwecke ist die Quest optimal geeignet. Das Setup geht wahnsinnig schnell, das Angebot an Spielen ist gut und auch die Qualität der Inhalte weiß großteils zu überzeugen. Mit der Oculus Quest hat Oculus vermutlich das heißestes VR-Headset des Jahres im Portfolio.
Fazit: Alles richtig gemacht (Simon)
Meine Erwartungen waren hoch, sehr hoch. Für mich als VR-Profi, aber vor allem als private Person und Nutzer, versprach die Oculus Quest genau das zu werden, was ich mir schon lange gewünscht habe: einfache, hochwertige VR für Zuhause. Selbstverständlich war mir klar, dass die Quest nicht die gleichen Effektfeuerwerke bieten kann, wie die große High-End-Verwandschaft, aber das muss sie auch gar nicht. Die Quest ist als Gesamtpaket eine runde Sache: Top verarbeitet, transportabel, schnell eingerichtet; auch Optik, Sound und Tragekomfort überzeugen. Nie war es einfacher in VR einzutauchen, ohne sich unfreiwillig mit Kabeln zu strangulieren oder nervige Sensoren zu installieren. Der Grad der Freiheit? Für mich absolut unbezahlbar. Matschige Texturen und fehlende Lichteffekte? Nehme ich dafür gerne in Kauf. Auch der Content zu Release überzeugt mich: Moderne Klassiker wie Beat Saber und Superhot VR funktionieren erstklassig, aber auch ‚größere‘ Spiele wie Journey of the Gods oder Apex Construct sind ein vielversprechender Ausblick darauf, was auf der Quest alles möglich ist und in Zukunft sein wird. Selbstverständlich bleibt abzuwarten, ob die Quest langfristig mit spannenden und hochwertigen Inhalten versorgt wird. Ein Blick auf die Release-Liste der kommenden Monate stimmt mich jedoch optimistisch.