Jetzt ist es geschehen. Noch am Morgen des ersten März galt Oculus trotz großer Konkurrenz als Platzhirsch im Bereich der Virtual Reality Headsets. Von Gerüchten, dass Valve – welche zuvor noch Oculus bei der Entwicklung der Rift halfen – ebenfalls ein VR Headset vorstellen würde, ließ man sich nicht aus der Ruhe bringen.
Oculus Rift DK2 deutlich geschlagen
Doch dann, ausgerechnet bei der Pressekonferenz von HTC ließ Valve die Bombe platzen. Die HTC Re Vive verfügt dabei über eine Gesamtauflösung von 2160 mal 1200 Pixeln und liefert dabei
eine Bildwiederholungsfrequenz von 90 Hz. Das momentane DK2 schwächelt daneben mit seinen 1920 mal 1080 Pixeln und seiner Bildwiederholungsfrequenz von 75 Hz deutlich. Dies sind zwar bisher nur die Daten des DK2 und sollen noch einmal für die Consumer Edition hochgeschraubt werden, dennoch ist zu vermuten, dass sich auch HTC und Valve bis zum Release im November diesen Jahres nicht auf den nun geernteten Lorbeeren ausruhen werden.
Dabei weisen diese leicht abweichenden Stats der zwei VR-Brillen Riesen ja nicht einmal ansatzweise das wahre Problem auf. Denn Oculus steht nun vor einem wesentlich größeren Problem, dessen zeitnahe Lösung dank der Geheimniskrämerei von Valve beinahe unmöglich erscheint.
Denn wenngleich auch Oculus selbst auf der GDC vertreten war um seinen Prototypen Crescent Bay zu zeigen, ging eben dieser in der Flut aus Meldungen über die HTC ReVive vollkommen unter. Noch heute, neun Tage später findet man auf der Google News Seite beim ersten Überfliegen unter dem Gesichtspunkt »Virtual Reality« keinen einzigen Eintrag über Oculus, wohl aber über den scheinbaren Heilsbringer Valve und Gabe Newell.
Dank Lighthouse zum Mini-Holodeck
Denn während Oculus stets und immer die sitzende VR Erfahrung propagiert, um Motion Sickness und die Kollisionsgefahr zu minimieren, geht Valve in den Angriff über: Mit zwei im Raum positionierten Laser-Abtastern – Lighthouse genannt – werden die Wände des real existierenden Raumes eingescannt und der genaue Standort des Spielers ermittelt, während dieser Gleichzeitig mit den dazugehörigen Controllern und dank den dort verfügbaren Druckpunkten eine Hand mit drei Fingern simulieren kann, welche auch stets in der VR angezeigt werden.
So kann sich der Spieler im Raum bewegen, wird jedoch durch ein in der VR auftauchendes Gitternetz gewarnt, ehe er gegen eine real existierende Mauer rennt und sich eine Beule einhandelt. Selbstverständlich dürfte bei weitem nicht jeder, ja nicht einmal die meisten, einen leeren Raum ohne Stühle, Tische oder Nippes zur Verfügung haben, um diesen eben mal für das eigene VR Zimmer zu nutzen. Andererseits führt dies in den nächsten Jahren vielleicht zur Rückkehr der Hobby Keller. Nichts desto trotz ist diese extrem ausgefeilte und augenscheinlich bereits voll funktionsfähige Technik ein gewaltiger Wurf gegen Oculus, welche es bisher noch nicht einmal fertig brachten einen VR Controller vorzustellen.
Dieser plötzliche Vorstoß von Valve und HTC, welcher Oculus mit Sicherheit wie ein Dolchstoß vorkam scheint diese nun in Schockstarre versetzt zu haben. Man kann nur hoffen, dass Oculus diese Zeit des Schweigens ausnutzt um sich in einer stillen Kammer einzuschließen und die nächsten Schritte zu planen. Zwar haben sie mit ca. 2 Milliarden US-Dollar von Facebook im Rücken einen langen Atem, dennoch nützt ihnen all dies nichts, wenn ihre Kunden wegrennen. Immerhin hat Oculus auf dem breiten Markt noch keine Stammkunden.
Kann man Facebookulus trauen?
Und hier kommen wir zu des Pudels Kern: Noch immer nehmen viele Kickstarter Backer Oculus ihren Deal mit Facebook Übel und auch in der Allgemeinheit wird Facebook, sagen wir mal, nicht als der vertrauenswürdigste Konzern angesehen – auch wenn wir ihm natürlich dennoch freiwillig all unsere Daten nachwerfen.
Dennoch befürchten viele, das Facebook zu großen Einfluss auf die Entwicklung von VR nehmen könnte, wenngleich vielleicht auch nicht zu befürchten ist, dass die einzigen Spiele für die Rift
Farm Ville Ableger werden. Zwar war der Deal mit Facebook beinahe unumgänglich um weiterhin genug Geld und Zeit für die Entwicklung zu haben, doch diese Sicherheit hat es Valve ermöglicht einen schnellen und präzisen Schlag gegen Oculus auszuführen.
Steam – Valves Ass im Ärmel
Während Oculus noch mit Hardwarelimitierungen und dem schlechten Ruf von Facebook zu kämpfen hat, bringt Valve nicht nur bald ein eigenes Betriebssystem heraus: Mit Steam besitzt man bereits eine etablierte Vertriebsplattform, die trotz aller Kritik im Schnitt recht beliebt ist. Unser »mighty King« Gabe Newell könnte also mit HTC an seiner Seite auch bald den VR Markt gänzlich übernehmen. Zwar heißt es, dass alle bisherigen VR Erfahrungen auf beiden Geräten – Rift und Re Vive – laufen, dennoch wird dies in der Zukunft schwierig, wenn Valve weiter mit seiner Raumerfassung experimentiert. Zwar könnten hier vielleicht die omnidirektionalen Laufbänder auf der Rift Seite einspringen, dennoch wird der Einstand nun schwerer – die Laufbänder vielleicht sogar überflüssig, wenngleich diese möglicherweise den Hobby Keller ersetzen.
Bei allen Vorteilen von »Konkurrenz belebt das Geschäft« bleibt zu hoffen, dass sich einer der Kandidaten – oder zumindest eine einheitliche Technologie – durchsetzt, damit der Konsument am Ende nicht für unterschiedliche Anwendungen unterschiedliche HMDs benötigt.
Fakt ist, dass sich Oculus nun ranhalten muss. Doch auch Valve darf nun, wo sie einen Fuß in der Tür haben, nicht nachlassen. Wir bleiben gespannt.
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