Spätestes seit der E3 ist klar, die drei Major-Player im VR-Game Sony, Oculus und Valve/HTC haben sich im Grunde auf eine Eingabemethode geeinigt – Hand-Motion-Controller sollen die zukünftige Lösung für Virtual Reality zu sein. Jetzt ist die Zeit natürlich reif für Konzepte die ausschließlich für VR entwickelt werden und endlich mal das volle Potenzial aus dem neuen Medium herauszukitzeln. Doch bislang ist die Zahl von angekündigten Titeln, die diese Controller nativ unterstützen überschaubar. Der wohl erste ernstzunehmende Titel der voll auf Motion Controller setzt ist The Gallery von Cloudhead Games. Der wurde vor kurzem für die Vive zusammen mit einigen scheinbar sehr überzeugende Demos vorgeführt. Auch das Headset von Sony kann sich mit sehr schönen Showcases für ihre alten Haudegen PS-Move brüsten. Oculus hat mit seiner Toybox-Demo einen kleinen Vorgemack geboten.
Doch neue Konzepte wie man sich als Avatar in VR mit diesen neuen Hand Controllern fortbewegt und dreht gibt es nur wenige. In der Regel wird einfach auf das Steuerkreuz oder den kleinen Joystick zurückgegriffen. Das diese Art der Eingabemethode immer wieder einen Bruch in der Presence zufolge hat und oft auch Motion Sickness hervorrufen kann wissen viele VR-Enthusiasten bereits. Für viele hartgesottene VR-Fans bieten Treadmills die Lösungen, auch ich bin ein Fan dieser Idee, trotzdem glaube ich, dass es andere Möglichkeiten gibt…
Die Hand-Walking-Methode
Tatsächlich arbeite auch ich, inzwischen mit einem kleinen Team, in weiser Voraussicht schon seit fast zwei Jahren an einem zunächst skurril erscheinenden Fortbewegungskonzept für den virtuellen Raum, welches ausschließlich mit Hand-Motion-Controllern funktioniert. Der Spieler stößt sich dabei mit seinen Händen vom Boden ab. Das ganze Bewegungszentrum ist in den Bereich des Oberkörpers verlagert und die Beine werden somit überflüssig. Indem man nahtlos vom Gehen zum Springen, Fliegen oder Schwimmen wechselt, kann man sich völlig frei und parkourartig durch die künstlerisch gestalteten Traumplaneten von Lucid Trips bewegen. Obwohl das Projekt noch in der Prototypenphase steckt, können wir mit unserer Hand-Walking-Methode schon gute Bilanzen zum Thema Motion Sickness ziehen. Sobald der Spieler die Steuerung verinnerlicht hat, kann er sich intuitiv fortbewegen. Jeder Bewegung folgt eine, dem Kraftaufwand entsprechende und dadurch vorhersehbare, Reaktion. Da diese Aktionen mit vollem (Ober)Körpereinsatz und nicht nur mit den Fingern ausgeführt werden scheint das Gehirn wenig irritiert von den ausgelösten Bewegungen. Natürlich gibt es noch vieles zu verbessern, aber der Weg scheint nicht verkehrt zu sein.
Da der Avatar immer in einem gewissen Abstand über dem Boden “hovert” können die virtuellen Hände auch für alle denkbaren Interaktionen dienen. Es lassen sich so, wie in einem 3D-Programm auch dreidimensionale Konstruktionen erstellen. Virtual Reality macht durch seine 3D-Sicht die Funktion des Konstruierens im dreidimensionalen Raum extrem interessant. Auf einem 2D Bildschirm wäre dieses Feature nicht annähernd so gut umsetzbar.
Mir ist natürlich klar, dass unsere Handwalking Methode nicht die Lösung für die allgegenwärtige Fortbewegungsproblematik in VR ist – ein Spiel wie GTA oder Battlefield würde so sicher nicht funktionieren. Für das was wir vorhaben bietet sich diese Bewegungskonzept allerdings sehr an.
Die Idee hinter Lucid Trips
Die Idee von Lucid Trips ist es eine kleine Galaxy aus Planeten zu kreieren, wobei jeder Planet völlig andere Spiel-Konzepte und Art-styles haben darf. Nur die Bewegungssteuerung und eine gewisse Surrealität zieht sich als roter Faden durch alle Trips die in Zukunft auch von der Community, geschaffen werden sollen. Wir träumen davon eine Plattform zu schaffen auf der man quasi seine Träume, bzw seine Traumwelten in VR selbst kreieren und teilen kann. Ähnlich wie Dreams für die PS4 nur etwas eckiger und dass man sich bei uns völlig frei durch diese Welten bewegen kann.
Whateverland – Art Exploration
Der erste Planet im hoffenlich irgendwann entstehenden Traumuniversum ist “Whateverland”. Ein Ort auf dem Kunst auf völlig neue Art erlebbar gemacht wird. Der Spieler kann die Werke ausgesuchter Künstler, darunter schon jetzt einige Weltstars wie Neo Rauch oder die Graffity-Legende DAIM, aus völlig neuen Dimensionen und Perspektiven erkunden und damit interagieren. Die Idee ist es Kunst aus verschiedensten Disziplinen u.a. per 3D Scan zu digitalisieren und in die Spielewelt zu integrieren. Jedes Werk kann durch ein verstecktes Rätsel oder eine kleine Aufgabe, die auf die Intention des Künstlers abgestimmt ist und so dem Kunstwerk eine zusätzliche Ebene verleiht, “freigespielt” werden. Wer möchte kann dann ein freigespieltes Kunstwerk über einen 3D-Drucker wieder in die Realität transferieren lassen.
Release, Funding und Ausprobieren
Bisher ist Lucid Trips ein gänzlich von uns eigenfinanziertes Projekt. Um den ersten Planeten “Whateverland” bis zum Release der VR-Devices 2016 möglichst umfangreich umzusetzen, planen wir für den kommenden Winter eine Kickstarter Kampagne. Um das Projekt schon jetzt zu unterstützen könnt ihr die aktuelle Prototypen Version von Lucid Trips samt Windfeedback-Apparat gegen eine kleine Spende im VR-Nerds shoVRoom in Hamburg ausprobieren.
Hier könnt ihr Lucid Trips aus Twitter folgen und hier auf Facebook.
Weitere Alternative Bewegungskonzepte?
Ich persönlich bin stark davon überzeugt, dass Locomotion, also Fortbewegungewegung und Drehungen in VR, immer eine gewisse körperlichen Anstrengung (wie in Echt ja auch) erfordert um wirklich immersiv zu sein und um Motion Sickness zu verhindern. Wie ist eure Meinung zu diesem Thema? Habt ihr selbst schon Ideen oder kennt ihr noch interesante Projekte die sich diesem Thema widmen – Wenn ja, dann ab damit in die Kommentare.