VR∙Nerds

Chernobyl VR – Ohne Strahlenschutzanzug nach Pripjat

Chernobyl VR: Der Blick in eine alte Turnhalle

Viel Spaß!

Die Explosion am 26. April 1986 in Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl sollte die Umgebung rund um die nahegelegene Stadt Pripjat für immer verändern. Denn die Menge an insgesamt freigesetztem radioaktiven Material war in etwa 200 mal höher als die Menge, die durch die Atombomben auf Nagasaki und Hiroshima freigesetzt wurde. Dennoch, der Tourismus in Tschernobyl boomt. Verschiedene Reiseanbieter organisieren Tagestripps in die Geisterstadt Pripjat und das, obwohl die Gegend auch heute noch hochgradig verstrahlt ist.

Um Interessierten die Strahlung zu ersparen, haben die Entwickler von Reality51Chernobyl VR” entwickelt. In dem interaktiven Erlebnis bereist der Nutzer alle wichtigen und bekannten Orte rund um die verstrahlte Stadt.

Chernobyl VR  – Museum 2.0?

Als Besonderheit darf Chernobyl VR hierbei für sich verbuchen, dass es nicht einfach nur 360°-Film und -Videoaufnehmen präsentiert, welche sich der Nutzer zu Gemüte führen kann. Stattdessen bietet die Software einen faszinierenden Mix aus computergenerierten Umgebungen, welche der Spieler durchschreiten kann, sowie 360°-Aufnahmen. Immer wieder erzählt ein Sprecher auf Englisch mit russischem Akzent interessante Fakten rund um die einzelnen Orte.

Hierbei drängt sich der Vergleich von geführten Audio-Touren in Museen auf und tatsächlich will auch Chernobyl VR als solches betrachtet werden: Die Chance eine der größten, von Menschen verursachten Katastrophen der Geschichte nachvollziehen und deren Folgen betrachten zu können.
Während Museen jedoch nur vereinzelte Ausstellungsstücke bieten können, geht Chernobyl VR noch einen Schritt weiter. In den unterschiedlichen Abschnitten der Präsentation – von einem verwaisten Schulgebäude bis hin zum Reaktor selbst – finden sich interaktive Objekte, welche die Geschichte mit interessanten Fakten unterstreichen.

Pluspunkt für die Atmosphäre

Doch nicht nur die unterschiedlichen Umgebungen und Präsentationsformen tragen etwas zum Gesamtkonzept bei. In fast jeder Umgebung hört man die Echos der Vergangenheit. Eine beinahe gruselige Erfahrung, wenn man mitten in einer leeren Schule Stühle rücken und Kinder russische Lieder singen hört. Doch gerade dieser Widerspruch aus kargen Gebäuden und dem Schatten eines einst vergangenen, blühenden Lebens unterstreichen nur noch mehr die Faszination für diesen Ort.

Ein wenig zu kurz

Wenngleich auch Chernobyl VR mit mehreren Orten aufwartet und auch diese noch einmal in Teilabschnitte untergliedert, so hält diese Erfahrung jedoch nicht all zu lange an. Auch wenn man sich Zeit lässt und interessiert die einzelnen Umgebungen abläuft, so kommt man alles in allem auf eine Nutzungszeit von etwa einer halben Stunde. Für etwa 5 Euro (Gear VR – Version) könnte man in anderen Museum wohl länger verweilen, aber diese könnten wohl das Gefühl einer im Stich gelassenen Stadt nicht derart eindrücklich vermitteln.

Stark
  • informative und immersive Erfahrung
Schwach
  • etwas kurz
4 / 5