»Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir sehr gerne spielen und wir haben Oculus gestartet, um Virtual Reality für den Verbraucher zu ermöglichen und Spiele zu revolutionieren. Aber es könnte letztlich durchaus so sein, dass Virtual Reality mehr für Filme als für Spiele bringt«
Nate Mitchell, Vizepräsident Oculus VR
Die Boxen dröhnen, als die Explosion in brachialen Bildern über die Leinwand fetzt. Der Kinosaal wird in orangenes Licht getaucht, ehe alles wieder in diffuse Schwärze versinkt. Mein Blick schweift kurz von der Szene ab und ich sehe mich im Kinosaal um – drei andere sitzen hier noch – starren auf die Leinwand. Kein Geflüster ist zu hören, kein Popcornrascheln, kein Handy klingelt. Herrlich.
Ich befinde mich gerade nicht etwa im gesittesten Kino der Welt, sondern in der virtuellen Realität von Cineveo. Die Entwickler von mindprobelabs versprechen mit ihrem Programm nicht weniger, als »die Zukunft des Kinos«. Als Vollzeit-Nerds und Filmenthusiasten haben wir uns Cineveo natürlich angeschaut und sagen euch, was ihr denn nun wirklich von dem Kino im Brillenformat erwarten dürft.
Der Herr der Kinosäle
Cineveo bietet uns dabei die Wahl aus insgesamt vier verschiedenen Kinosälen, in denen wir unsere Filme umgeben von verschiedenen Themengebieten ansehen dürfen. Auf die einzelnen Szenerien gehen wir jedoch erst später im Test ein – da allen Umgebungen die selbe Technik zugrunde liegt, kümmern wir uns nachher im Einzelnen um die grafische Aufmachung und werfen zunächst einmal einen Blick in die Technik:
Cineveo basiert auf der Unity Engine und lässt sich dementsprechend gut in der Rift nutzen, wenngleich wir auch im Test noch auf den Extended Modus ausweichen mussten. Der Entwickler verspricht, alle gängigen Filmformate (AVI, WMV, MP4, MKV, MOV) sogar mit Untertiteln oder 3D abzuspielen. Damit Cineveo dies jedoch leisten kann, muss zuerst das LAVFilters video codec pack installiert werden. Dies ist zwar eine etwas aufwändigere Arbeit, wird jedoch sehr anschaulich und Schritt für Schritt im (englischen) ReadMe erläutert.
Nun kann die Kino-App gestartet werden – dazu wählt man einen der vier Themen-Ordner. Unabhängig von der Wahl wird jedoch stets der gleiche Auswahlbildschirm geöffnet, welcher sich auch angenehm über die Oculus steuern lässt. Natürlich können auch die Pfeiltasten verwendet werden, um durch die verschiedenen Ordner zu scrollen. Wenn euer Filmordner nur schwer zu finden ist, könnt ihr die Videodatei auch direkt in den jeweiligen Themenordner packen – so könnt ihr den Film direkt starten, indem ihr einfach darauf schaut.
Nachdem der Film geladen ist und man sich in der jeweiligen Location wiederfindet, kann man zur Linken einen kleinen Bildschirm mit dem aktuellen Webcam Feed erkennen – dieser ist sehr nützlich, wenn man Kopfhörer trägt um auch die Anwesenheit anderer Personen im echten Raum mitzubekommen. Zur Rechten findet sich indes die Filmsteuerung – hier lässt sich allein mit dem Blick die Lautstärke regeln, die Sicht zurücksetzen, der Film pausieren, starten und auch vorspulen. All dies ist intuitiv und geht leicht von der Hand. Die Qualität der Filme ist dank der Möglichkeit des Supersampling ziemlich gut – natürlich beschneidet die Auflösung der Rift den Filmspaß zuweilen noch ein wenig, der Fliegengittereffekt fiel uns jedoch schon nach ein paar Minuten nicht mehr auf. Auch die Farben kommen in der Rift gut rüber und wer ein Dolby Surround System besitzt, der darf sich auf Kino im Hosentaschenformat freuen. Kommen wir nun also zu den Templates.
4D Movie Theater sehen … und sterben?
Kommen wir gleich zu Beginn zu dem Favorit unserer Redaktion: Dem 4D Movie Theater. Dieses Template bildet ziemlich naturgetreu das Innere eines handelsüblichen Kinos nach – inklusive an der Decke angebrachten Boxen, dem leichten Flimmern aus dem Vorführraum und Kinobesuchern. Diese sind hierbei keine NPCs (computergenerierte Charaktere), sondern wirkliche Nutzer, welche zur gleichen Zeit wie man selbst gerade einen Film sieht – hier erschöpft sich der Multiplayer Modus aber auch schon. Im Gegensatz zu Riftmax ist es also nicht möglich umher zu laufen oder miteinander zu reden. Die Anwesenheit der Masse soll nur ein Gefühl der Präsenz in dem sonst recht leeren Kinosaal erschaffen. Eine weitere Besonderheit des Movie Theatres sind die zur Seite angebrachten Lampen, welche stets die auf der Leinwand vorherrschende Farbe annehmen und das Bild somit optisch in die Länge ziehen und den Kinosaal gänzlich einschließen. Auch hat uns die Möglichkeit des Sitzwechsels gut gefallen – wir haben jederzeit die Möglichkeit eine Reihe nach vorne oder nach hinten zu rutschen und so unsere Lieblingsposition im Kino nachzustellen.
2001 – Odyssee in der Space Station
Als zweites werfen wir einen kurzen Blick in das Template »Space Station«. Wie der Name bereits andeutet, befinden wir uns auf einem Sofa mitten im Weltraum – vor uns schwebt eine deutlich kleinere Leinwand, als wir sie vom 4D Movie Theater gewöhnt sind. Zu unserer rechten starrt ein Mann bewegungslos auf den Bildschirm: ein NPC. Wenn wir uns nach vorne beugen und in den Abgrund schauen, entdecken wir weit unter uns einen Planeten, der der Erde sehr ähnlich sieht. Für Fans von Sci-Fi Filmen vielleicht einen Blick wert. Ansonsten weist Odysee im Weltraum keine Zusatzmöglichkeiten auf.
Deep Ocean – gnadenlose Tiefe
The Haunted Valley
In »Haunted Valley« dürfen wir uns den Film an einem eher ungewöhnlichen Ort ansehen: Einem alten, offenbar verlassenen Friedhof. Die Leinwand schrumpft hier zwar leider auf die Größe eines gewaltigen Plasma Fernsehers, allerdings dürfen wir uns immer wieder auf Besuche von »Lucy« gefasst machen. Das Geistermädchen sucht uns ab und an heim und kann uns durchaus einen gehörigen Schrecken einjagen. Hier sehen wir durchaus Potential – vielleicht wird es in Zukunft Filme geben, die gewisse Informationen an Cineveo weitergeben können. Wir könnten uns gut vorstellen, dass das Monster aus der Leinwand verschwindet und plötzlich neben uns auftaucht. Das könnte Horrorfilmen nochmal einen anderen Aspekt verleihen.
Enter the Void
The Void ist wohl die reinste und kühlste der gegeben Varianten. Der Nutzer befindet sich in einem gänzlich schwarzen Raum und sieht nur die große Leinwand vor sich. Natürlich gibt es auch hier, wie in allen anderen Räumen auch den Webcam Feed und die Möglichkeit den Film nur durch Blickkontakt zu steuern. Doch ansonsten ist nichts zu sehen bis auf reine Schwärze. Eine seltsame, zentrierte Form einen Film zu sehen, gänzlich ohne Ablenkung. Dennoch fühlt es sich ungewohnt und seltsam an.
Update: Ey Mann, wo is’ mein Auto?
Mittlerweile steht uns auch das in unserem Testfazit angesprochene Autokino zur Verfügung. In der Vorabversion für die Presse konnten wir uns bereits jetzt ein Bild von dem neuen Format machen und sagen euch, ob diese Version des Filme schauens so kultig ist, wie wir uns erhofften: Autokinos sind in Deutschland eher weniger verbreitet – umso bekannter ist diese Art des Unterhaltung jedoch in Amerika. Vor allem während den 1950er und 1960er Jahren wurde Autokino auf der anderen Seite des großen Teiches populär. Dank Cineveo können wir nun auch in Deutschland dieses Erlebnis nachempfinden. Die Technik bleibt dabei die gleiche, wie in allen voran gegangenen Kinosälen. Diesmal sitzen wir jedoch ganz stilecht in einem 1958r “Buick convertible”. Hier fällt uns direkt der Detailreichtum auf, mit welchem auch Kleinigkeiten wie Lenkrad oder Amaturenbrett gestaltet wurden. Vor uns steht auf großen Stelzen eine Leinwand, die durchaus mit jener im Template des 4D Movie Theatre mithalten kann. Da das Auto direkt an einer Klippe steht haben wir einen schönen, weiten Blick über eine von Straßenlaternen erleuchteten Stadt. Dies ist zwar nur ein zwei dimensionales Bild, dennoch wirkt der Effekt dank der großen Entfernung zwischen Auto und Stadt. Ansonsten bietet dieses Panorama noch ein 60er Jahre Diner sowie Vögel und Flugzeuge, welche ab und an über den Zuschauer hinweg fliegen. Neben dem 4D Movie Theatre ist das Autokino auf jeden Fall das beste Template.
Cineveo Fazit
Ihr könnt Cineveo über die Website des Entwicklers für 10 US-Dollar kaufen.
[Bilder: mindprobelabs]