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Dinosaurier im moralischen Morast: Eine Woche mit Jurassic World Alive

Viel Spaß!

Als ich vor knapp einer Woche eine Benachrichtigung darüber erhielt, dass Jurassic World Alive nun auch in Deutschland gespielt werden kann, waren meine Erwartungen groß. Die Motivation und Vorfreude stiegen ins Unermessliche und die eigenen Ideale waren fest verankert, dachte ich zumindest. Denn leider setzte die Zermürbung schneller ein als gedacht und mittlerweile habe ich Dinge getan, für die ich mich ein wenig schäme.

Tag 1: Ein holpriger Start

Nachdem ich die Push-Nachricht auf meinem Smartphone erhielt, begann ich sofort mit dem Download der Software. Einige Probleme mit dem Netzwerk ließen mich jedoch erst am späteren Abend eine Verbindung zur Welt von Jurassic World Alive aufbauen, weshalb ich beschloss, die letzten Stunden des Tages durch mein Viertel zu laufen und Dinosaurier zu jagen. Ein spaßiger Abend, obwohl mir noch nicht wirklich klar war, was genau und warum ich hier eigentlich sammle. Mein Ziel wurde aber schnell deutlicher, nachdem ich die ersten Kämpfe in der Arena abgeschlossen hatte. Ich setzte mir ein Ziel: In der Top-50-Liste soll zukünftig mein Name stehen.

Tag 2: Bin ich schon ein Cheater?

Voller Vorfreude sprang ich am zweiten Tag aus dem Bett, schnappte mir mein Longboard und erkundete die Gegend. In Windeseile entdeckte ich zahlreiche Dinosaurier und zapfte mir ihre DNA ab. Um besser in der Liga zu werden, sind starke Saurier nun einmal Pflicht und die Jagd mit dem Longboard war wahnsinnig effektiv. Gleichzeitig stellte sich mir allerdings die Frage, ob ich dadurch bereits zum Cheater wurde? Sollte ich nicht eigentlich laufen, anstatt im Vorbeirollen alles abzuernten? Egal! Ich benutze ja keine wirklich unfairen Mittel. Noch nicht.

Tag 3: Das Brutkasten-Dilemma

Am dritten Tag begann Jurassic World Alive, mich wirklich zu packen. Ich hatte viele Erfolge in der Liga und schaffte es schnell über die 1000-Punkte-Marke hinweg. Ein nerviges Problem stellten jedoch meine stets vollen Slots für die Brutkästen dar, denn dadurch konnte ich keine DNA mehr durch Kämpfe in der Arena gewinnen. Eine Option wäre gewesen, sich In-Game-Dollar gegen Echtgeld zu besorgen, um die Slots freizukaufen. Aber wer macht schon so was? Ich kann 8 Stunden warten. Absolut kein Problem. Dann kämpfe ich zunächst halt ohne Belohnungen. Allerdings machte sich an diesem Punkt bereits die Enttäuschung darüber bemerkbar, dass man In-Game-Dollar realistisch gesehen nur gegen echtes Geld kaufen kann. Zwar findet man hier und da wenige der begehrten Zahlungsmittel in Versorgungskisten, aber diese reichen nicht aus, um die Slots dauerhaft freizuhalten.

Tag 4: Schmeiß die Fuffies durch den Club

Aufgrund der Unzufriedenheit über die Werbung und dem ständig vorhandenen Druck, echtes Geld investieren zu müssen, wurde ich frustriert und spielte am vierten Tag zunächst überhaupt nicht. Doch der Tag zog vorbei, die Nacht brach an, und zeitgleich meine Motivation zum Smartphone zu greifen und die Karriereleiter in der Liga weiter nach oben zu klettern. Also ging ich auf meinen Balkon, startete das Spiel und begann zu kämpfen. Dummerweise hatte ich vergessen, die Brutkästen zu aktivieren und begann somit meine Kämpfe, ohne dafür mit neuer DNA belohnt zu werden. Ziemlich blöd. Ich wollte doch genau jetzt unterhalten werden und nicht irgendwann später.

Getrieben vom Ehrgeiz, weiter in der Liga aufzusteigen, relativierte ich ziemlich schnell den Preis für ein paar JW-Dollar. So flossen knapp sechs Euro in die Taschen der Entwickler und ich konnte für wenige Stunden meine Slots für die Brutkästen frei halten. Das verschaffte mir natürlich auch einen Vorteil gegenüber den anderen Spielern, die diese Option nicht nutzten.

Letztendlich hab ich jedoch die sechs Euro in kürzester Zeit komplett verballert. Und wofür? Um mir irgendetwas auf eine Platzierung in einer Liga einzubilden und neue virtuelle Dino-Karten zu sammeln. Schon etwas schräg, aber normalerweise kosten Spiele ja auch Geld und nach dieser Argumentationsgrundlage konnte ich die Tat irgendwie vor mir selbst rechtfertigen.

Tag 5: Erniedrigung für JW-Dollar und Fake GPS

Am nächsten Morgen wollte ich direkt weiter in der Liga kämpfen, aber meine Slots für Brutkästen waren natürlich wieder komplett belegt. Also schaute ich nach anderen Möglichkeiten, um gratis an die In-Game-Währung zu gelangen. Und mir eröffnete sich sogar eine legale Option: Installiere richtig schlechte Apps auf deinem Smartphone und verdiene damit JW-Dollar! Ekelhaft. “Naja, es bekommt ja keiner mit und ich kann die Apps danach schnell wieder löschen …”, schoss es mir in den Kopf. Ach, ich habe es getan und fühle mich schlecht. Dennoch brachte mir diese nicht besonders heldenhafte Tat ein paar spannende Kämpfe ein und vermutlich hab ich nur etwas Zeit und Energie für den Download verschwendet.

Da ich moralisch sowieso bereits mit dem Rücken zur Wand stand und ich es langsam satthatte, ständig auf die Straße zu rennen, um Dinosaurier zu fangen, begann ich nachzuforschen, wie andere Spieler diese Hürde bei ähnlichen Spielen meisterten. Die Antwort: Einfach einen anderen GPS-Standort vortäuschen. Dies gelang mir traurigerweise sogar ohne Root, wodurch ich begann, meine ganze Jagd infrage zu stellen. Wo bleibt der Spaß, wenn solche Tricks erfolgreich und unbemerkt verwendet werden können? Langsam habe ich keine Lust mehr auf das Spiel.

Tag 6 und 7: Fazit – Das Finanzierungsmodell von Jurassic World Alive nervt

Mit einem schmutzigen Gefühl wachte ich am nächsten Morgen auf und betrachtete die GPS-Fake-Software auf meinen Smartphone. Ich beschloss, den Kram zu deinstallieren und nicht mehr auf die Erfolge in der Liga zu achten. Sobald man zulässt, dass das Spiel einem echtes Geld aus der Tasche zieht, kann man schnell in einen Teufelskreis geraten und dadurch mehr verlieren, als einem lieb ist. Die Verlockung ist groß, wenige Euros für ein paar Stunden Spielspaß zu investieren. Doch bereits nach kurzer Zeit erinnert euch das Spiel erneut daran, weiteres Geld in die Maschinerie einzuwerfen. Durch die vermeintlich kleinen Beträge wird die Hürde sehr niedrig gehalten, wodurch ein teurer Kreislauf entstehen kann.

Das hier soll kein Appell sein, die Finger von Jurassic World Alive zu lassen. Jedoch sollte man sich bewusst machen, dass das Finanzierungsmodell darauf ausgelegt ist, euch immer wieder in die Brieftasche greifen zu lassen. Ständige Angebote und finanzielle Abkürzungen machen das Spiel nicht besser oder fairer. Das Abo-Modell wäre eine gute Option gewesen, um die Finanzierung zu sichern, aber leider sehen es die Entwickler nur als zusätzlich Einnahmequelle neben den Verkäufen im JW-Shop. Schade.