David Cronenberg hatte bereits mit Scanners aus dem Jahre 1981 einen kommerziellen Achtungserfolg erzielt, mit Die Fliege von 1986 und dem damit verbundenen Oscar für das Make-up, sowie den drei Saturn Awards gelang es dem unkonventionellen Filmemacher sich endgültig zu etablieren. Cronenberg steht gerade in seinem Frühwerk für verstörend nihilistische Bilder und ist einer der Wegbereiter des Horrorsubgenres, des Body-Horrors, bei dem die Transformationsprozesse einer Hauptfigur im Vordergrund stehen. Seine filmischen Wurzeln und der Hang zum unkonventionellen flossen definitiv in sein 1999 Werk, welches unglücklicherweise im gleichen Jahr startete wie der alles überstrahlende Beginn der Matrix-Trilogie und so nicht ganz verdient in dessen Schatten stand.
Der Film beginnt mit einer Präsentationsveranstaltung für das titelgebene Computerspiel eXistenZ, Leiterin ist die Programmiererin des Spiels, Allegra Geller. eXistenZ ist ein VR-Game welches über eine lebendig anmutende Konsole, die stark an einen nackten Tribbel erinnert, gespielt wird, die Verbindung zur Konsole erfolgt mit einem an eine Nabelschnur erinnernden Kabel, welches in einen an der Lendenwirbsäule des Spielers implantierten “Bioport” eingesteckt wird. Während der Präsentation starten die Teilnehmer gemeinsam das Spiel, werden jedoch jäh unterbrochen als einer der Teilnehmer eine seltsame Waffe zieht und Allegra damit verwundet. Mit Hilfe des Angestellten Ted Piktul gelingt ihr die Fluch vor dem Angreifer, wobei sie jedoch feststellen muss, dass ihre Konsole bei dem Angriff beschädigt wurde. Um die Konsole zu reparieren, muss das Spiel nochmals aktiv gespielt werden, da die Konsole ihre Energie direkt von den Nutzern zieht sind ihrem geschwächten Zustand zwei einander freundlich gesinnte Spieler nötig. Ted dem bis zu diesem Zeitpunkt kein Bioport implantiert wurde, lässt sich von Allegra überreden und beginnt so seine Reise in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus.
Ein Look in Abgrenzung zu Matrix
In eXistenZ spielt Cronenberg mit der Verschachtelung von Realität ineinander und der Unterscheidung von Realität und bloßen Sinnenreizen diese Auseinandersetzung mit der Realität ist ein wiederkehrendes Thema in der Filmographie des Regisseurs. Er bedient sich dabei einer im Laufe des Films stetig düsterer werdenden Bildersprache, die typische für seine Filme ist und dabei die Ablehnung des Protagonisten gegenüber der virtuellen Welt deutlich unterlegt. Faszinierend zu beobachten ist, daß die virtuelle Welt in eXistenZ tatsächlich ähnlich wie ein Computerspiel konstruiert ist. So wird die Handlung im Spiel durch spezifische Handlungen oder Schlüsselsätze vorangetrieben, Nichtspielercharaktere wiederholen sich beispielsweise oder führen die Unterhaltung in eine bestimme Richtung damit der Spieler die Aktionen ausführt, die das Spiel vorantreiben. Als Zuschauer kann man sich so in die Sicht des Protagonisten versetzen und wird so selbst immer tiefer in die Welt von eXistenZ hineingezogen. Diese Welt ist optisch ein starker Gegenpol zu dem teilweise sterilen Look von Matrix, eXistenZ ist schmutziger, Dinge bestehen häufig aus lebendigen Materialien, wie die erschreckend unsterile Konsole mit der man sich mit dem Spiel verbindet oder die Waffe die Ted während einer Szene in einem chinesischen Restaurant aus den Überresten seines Essens baut. Die Welt in eXistenZ ist teilweise geradezu eklig, die wohl süß-sauerste Pistole der Filmgeschichte ist nur ein Beispiel dafür,auf diese Weise gewinnt der Film eine seltsame Intensität, welcher man sich schwer entziehen kann.
eXistenZ ist die etwas schräge Alternative zu Matrix, aufgrund des phänomenalen Erfolges des Letzteren hat er nie Aufmerksamkeit bekommen die dieser Filmperle von David Cronenberg zugestanden hätte. Die gleiche Massentauglichkeit kann man mit ihm mit seinen vielen eigenwilligen Ideen allerdings nicht attestieren, was jedoch nichts Schlechtes sein muss. In diesem Sinne – Einmal das Hühnchen bitte!