Als Oculus und Samsung damals mit der Gear VR um die Ecke kamen, war das Interesse groß und die Verkaufszahlen entsprechend gut. Doch wenn man ehrlich ist, hatte diese VR-Erfahrung nur wenig mit der gewohnten Qualität am Hut, die uns der PC offenbarte. Ein sichtbares Flimmern, ständig beschlagene Linsen, ein hohes Gewicht, und wenn das Smartphone einmal schmutzig war, noch ein kostenloser Dirt-Effekt. Mit der Oculus Go, welche morgen im Einzelhandel in Deutschland erscheint, soll alles anders werden. Doch macht das Zocken mit der Go auch wirklich mehr Spaß als mit der Gear VR? Immerhin bietet das autarke System einige Vorteile gegenüber einer Smartphone-Lösung.
Oculus Go als Spielkonsole
Als ich die ersten Games auf meine Oculus Go zog, war ich nicht frei von Vorurteilen. Ich kannte “Mobile VR” seit Jahren und war zwar ein Fan der Idee, jedoch nicht von der Qualität. Dabei meine ich nicht die Grafik der Spiele, sondern die Qualität der Darstellung. Ich spreche von der Klarheit des Bildes, dem allgemeinen Bildeindruck und dem Komfort beim Benutzen.
Kaum hatte ich mein erstes Spiel für die Oculus Go gestartet, meine Wahl viel auf Catan VR, war ich extrem beeindruckt. Die Linsen der mobilen Brille sorgten für eine überwältigende Klarheit bei der Darstellung von Texten und Objekten, was den Spielspaß direkt deutlich erhöhte. Alles war gut lesbar und ich musste meine Augen nicht zusammenkneifen. Zusätzlich sorgte das geringe Gewicht der VR-Brille dafür, dass ich auch nach mehreren Runden keine Pause einlegen musste.
Meine Euphorie sollte jedoch schnell gebremst werden. Eine kleine Benachrichtigung erinnerte mich daran, dass Oculus einen recht kleinen Akku verbaut hat. Nach ein bis zwei Stunden muss die Go geladen werden, wenn man sie nicht per zusätzlichen Akku und Ladekabel beim Zocken mit Strom versorgt. Ist die VR-Brille vollgeladen, sollte sie damit aber für eine gewöhnliche VR-Session ausreichen. Wo wir geraden beim Laden sind: Warum Oculus 2018 keinen USB-C-Anschluss verbaut, ist mir ein Rätsel. Immerhin reicht der Anschluss in der Regel aber aus, um der Oculus Go mehr Strom zuzuführen, als sie beim Gaming verbraucht.
Das Spiel macht die Musik
Aktuell gibt es bereits so viele Titel für die Oculus Go, dass man direkt beim Öffnen des Shops erschlagen wird. Dort finden sich neue Oculus-Go-Titel, angepasste Gear-VR-Spiele und leider auch einige Games, die nicht wirklich von den Entwickler/innen für die Brille optimiert wurden. Ein Blick auf die Bewertungen der Spiele lässt euch jedoch schnell die Spreu vom Weizen trennen. Die nötige Recherche könnt ihr direkt über die passende Smartphone-App erledigen. Das ist besonders praktisch, wenn ihr gerade einmal eine Pause von der virtuellen Welt braucht.
Das Oculus Go, Gear VR und Google Daydream nur 3-DOF-Tracking beherrschen, sollte mittlerweile bekannt sein. Ihr könnt euch mit diesen Brillen nicht frei im Raum bewegen, da die Hardware eure Bewegungen schlicht nicht erfasst, sondern nur die Rotation aufzeichnet. Theoretisch könnte dies den möglichen Content extrem einschränken. Allerdings ließen mich einige Spiele einfach vergessen, dass meine Kopfbewegungen gar nicht getrackt wurden. Ich bin durch virtuelle Welten gelaufen und es fühlte sich verdammt gut an. Und das, obwohl ich in einem Sitzsack vor meinem Fernseher lag.
Das hochauflösende Display der Oculus Go zauberte die Welt so klar vor meine Augen, dass die simple Grafik komplett nebensächlich wurde. Die Immersion ist für mich dadurch deutlich höher als bei Gear VR, Google Daydream und ähnlichen Systemen. Sich auf das Weiterspielen eines mobilen Titels freuen? Ein komplett neues Gefühl für mich. In diesem Zusammenhang war ich sehr von Spielen wie Daedalus, Virtual Virtual Reality und Ultrawings sehr angetan.
Zwar sehen die Controller der Gear VR, Google Daydream, Vive Focus und Oculus Go recht ähnlich aus, doch beim Zocken und Navigieren liegt der Go-Controller deutlich vorne. Der Controller ist ergonomischer geformt und besitzt einen Knick genau an der richtigen Stelle. Dadurch ist es möglich, alle Buttons komfortabel zu erreichen, ohne das man beim Abdrücken verzieht. Zudem kam mir der Eindruck, dass der Controller seltener abdriftet als bei der Konkurrenz. Dies sorgt für ein entspannteres Gaming-Erlebnis, da man die Position nicht ständig zurücksetzen muss.
Die kleinen Schwächen
Da die Oculus Go quasi ein Virtual-Reality-Handheld für die Augen darstellt, muss ein schnelles Starten, Laden und Navigieren möglich sein. Hier fährt die Go auch die volle Punktzahl ein. Allerdings vermisse ich ein wichtiges Feature schmerzlich: Während ich meine Gegner in Catan VR über den virtuellen Tisch zog, vibrierte häufig mein Smartphone. Dies führte dazu, dass ich ständig die Brille absetzen musste, um die Benachrichtigungen zu überprüfen. Eine Anzeige der Smartphone-Inhalte oder zumindest eine Kamera an der Frontseite zum Durchschauen wäre eine gute Lösung.
Die verbauten Speaker der Oculus Go reichen in der Regel aus, doch wer seine Umwelt nicht belästigen will, sollte Kopfhörer verwenden. Leider bietet die Go keine Möglichkeit an, um Bluetooth-Kopfhörer zu verbinden, weshalb man ein zusätzliches Kabel anbringen muss. Ein Faktor, der für mich besonders nervig ist, da ich Bluetooth-Kopfhörer mit Noise Cancelling für VR bevorzuge.
Zudem sollten Menschen mit einem sehr großen oder sehr kleinen Augenabstand die Go vor dem Kauf testen. Die Brille ist auf einen Abstand der Pupillen von 64 mm optimiert und einen Regler zum Anpassen besitzt sie leider nicht.
Fazit
Insgesamt bin ich positiv vom Spielgefühl mit der Oculus Go überrascht. Die Brille ist leicht, komfortabel und durch den Standby-Modus sowie dem Näherungssensor ist ein schnelles, spontanes Springen in die Virtual Reality möglich. Die optische Qualität ist so gut, dass auch die simpelsten Darstellungen großartig wirken, wodurch das fehlende 6-DOF-Tracking schnell in Vergessenheit gerät. Ob es Oculus schafft, den Store auch weiterhin mit spannenden Titeln zu versorgen, wird sich zeigen. Wer aktuell ein kleines, spaßiges und neues Gaming-Device für unter 300 Euro sucht, der ist mit der Oculus Go sicherlich nicht schlecht beraten. Dank Netflix und Co. hat die Brille bereits jetzt mehr Entertainment-Programme im Store als die Nintendo Switch. Die Oculus Go kann bereits auf Amazon und weiteren Verkaufsplattformen vorbestellt werden.