VR∙Nerds

Ausprobiert: Oculus Rift DevKit

Viel Spaß!
GerätenameOculus Rift
HerstellerOculus VR
FunktionHead-Mounted Display
Releasedatumreleased
EntwicklungsstandProduktion eingestellt
PlattformPC, Mac
Kombinierbar mit:PrioVR, Kinect, Cyberith Virtualizer, Omni Virtuix, Stem, PS Move
Vergleichbar mit:Altergaze
Preisca. 300 US$
Ein Virtual-Reality-Headset war für Gamer lange Zeit das, was das Hoverboard aus “Back to the Future” für Skater ist. Doch während das Hoverboard besten falls als Hoax im Internet herum schwebt, ist der Traum von der virtuellen Realität inzwischen greifbare Realität.

Palmer Luckey, ist der Inbegriff eines VR-Nerds, er hat offenbar sein bisheriges Leben vollständig der Erforschung und Entwicklung von sogenannten Head-Mounted Displays gewidmet. Klar, VR–Spielautomaten gab es bereits in den 90ern, aber erstens waren sie unbezahlbar und zweitens wenig überzeugend. Die Vision des damals nicht mal 20 jährigen war es eine VR-Brille zu entwickeln die nicht nur richtig gut sein sollte, sondern die sich auch normalverdienende Gamer leisten können. Dank der Handyhersteller, die sich einen erbitterten Konkurrenzkampf hingeben, dessen Resultat immer hochauflösendere Handydisplays und immer günstiger werdende Gyroskope sind hatte er nun alle essentiellen Bauteile die er brauchte, um seine Idee umzusetzen. Ende 2012 war es dann soweit, Palmer hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt um seine Erfindung über die Crowdfunding–Plattform Kickstarter.com der Welt zu präsentieren. Um sein Projekt verwirklichen zu können war er zunächst auf die Spiele- und Softwareentwickler angewiesen, denn was bringt die beste Hard- ohne die passende Software. So appellierte er an alle kreativen Köpfe durch eine Spende von 300,- USD eines seiner Developer Kits per Vorkasse zu erwerben. Um sein Projekt mit dem Namen Oculus Rift tatsächlich realisieren zu können, brauchte der Wunderknabe jede Menge Kickstarter Supporter (Backer) die insgesamt eine Summe von 250.000 USD hätten aufbringen müssen. Doch anstelle der angestrebten viertel Million kam innerhalb kürzester Zeit fast die zehnfache Summe zusammen. Mit knapp 2,5 Millionen USD war die Oculus Rift eines der erfolgreichsten Kickstarter–Projekte die es jemals gegeben hat.

Palmer Luckey hat mit seiner Cyber-Brille ganz sicher den Grundstein für die aktuelle Virtual-Reality Bewegung gelegt. Selten haben technische Innovationen so viele Menschen inspiriert. Beinahe täglich gibt es Meldungen von neuen VR-Spiele Konzepten. Die Leute von Valve, die mit ihrer Spiele-Verkaufs-Plattform Steam einen riesigen Einfluss verfügen, haben das Thema VR höchstoffiziell auf ihre Flagge geschrieben. Aber auch die Hardware-Entwickler wurden angeregt neue Ideen zu kreieren, die die Oculus Rift ergänzen oder aber auch die mit ihr in Konkurrenz treten. Omnidirektionale Treadmills, innovative Bewegungssteuerungen und alternative Head-Mounted Displays sind der Renner bei den Crowdfunding-Plattformen. Selbst die ganz großen, wie Sony, scheinen den Braten gerochen zu haben. Wir befinden uns zurzeit in einer sehr spannenden evolutionären Phase, die hoffentlich eine neue Ära der virtuellen Wahrnehmung einleitet. Wir VR-Nerds haben es uns zur Aufgabe gemacht das Thema mit höchster Aufmerksamkeit zu verfolgen um euch einen Überblick zu verschaffen.

Funktionsweise des Oculus Rift DevKit1

Grundsätzlich besteht ein Head-Mounted Display wie die Rift aus nur drei Komponenten: Einem hochauflösendem Display was normalerweise in Mobiltelefone verbaut wird, einem Gyroskop was ebenfalls in jedem Smartphone zu finden ist und speziellen Linsen, die das Sichtfeld vergrößern. Das in ein Plastikgehäuse verbautes Handydisplay wird per Splitscreen mit Bildern, jeweils für das linke und das rechte Auge, bespielt. Dadurch, dass die beiden Bilder den virtuellen Raum von jeweils zwei leicht unterschiedlichen Perspektiven, äquivalent dem menschlichen Auge, wiedergeben, entsteht später der dreidimensionale Eindruck. Bei der Oculus Rift werden die Bilder jeweils so verzerrt, dass sie ein möglichst großes Sichtfeld bieten. Die Linsen dienen dazu, dass Bild wieder so zu entzerren, dass es für den User wieder natürlich aussieht. Das Gyroskop wird dafür verwendet die Ausrichtung des Kopfes zu erfassen, um das virtuelle Bild fast ohne Verzögerung an die Blickrichtung des Users anzupassen. Am Ende wird das Gehirn auf diese Weise ausgetrickst und man erhält eine ziemlich beeindruckende Illusion davon sich in einer anderen, computergenerierten Welt zu befinden.

Obwohl das Oculus Rift Developer Kit 1 schon sehr beeindruckende Ergebnisse liefert, ist es eigentlich nur ein in Serie produzierter Prototyp, dessen Technik erwartungsgemäß noch nicht ausgereift ist. Neben der relativ pixeligen Auflösung und einer deutlich wahrnehmbaren Bewegungsunschärfe mangelt es vor allem noch an einer Positionserkennung des Kopfes. Ein Positional-Head-Tracking ist wichtig um die Illusion aufrecht zu erhalten, denn sobald man sich beispielsweise in einem VR-Spiel nach Vorne beugt, doch der Kopf im virtuellem Raum seine Position nicht verändert wird die Illusion gebrochen. Dies kann bei vielen Nutzern die Wahrscheinlichkeit zur so genannten Motion- oder Simulator-Sickness vergrößern, die zu vergleichen ist mit dem Unwohlsein, dass manche Menschen empfinden, wenn sie während einer Autofahrt lesen oder die Straße nicht sehen können. Für die Verkaufsversion der Oculus Rift ist neben einer höheren Auflösung und vielen anderen Verbesserungen ein solcher Position-Head-Tracker vorgesehen. Der zweite unverkäufliche Crystal Cove Prototype hatte bereits eine Lösung für dieses Problem parat.

Meine Erfahrung

Es ist jetzt schon einige Monate her, es war Winter, draußen war es kalt, nass und ganz schön eklig. Wahrscheinlich war das der Grund warum in mir auf ein Mal das Verlangen nach alternativen Realitäten überkam. Ich fragte mich “Hey – ist es jetzt nicht langsam mal Zeit, dass der Rasenmähermann und Co Wirklichkeit werden, die Technik hatte in den letzten Jahren doch so große Fortschritte gemacht…” Ich googlete los. Was ich fand war u.a. ein Youtube–Video von einem Jungen der mit Hilfe eines Sony HMZ-T1 Headset, dem Track IR Headtracker–Tool und einer gehackten Kinect in VR–Manier die Wälder von Skyrim unsicher machte.

“Geht doch!” dachte ich mir und bekam sofort riesige Lust das selber auszuprobieren. Kurz bevor ich mein Sparschwein schlachten wollte um mir eine Sony HMZ-T1 Videobrille bei Ebay-Kleinanzeigen zu besorgen, stieß ich zu meinem großen Glück auf die damals kürzlich abgeschlossene Kickstarter–Kampagne der Oculus Rift. Klar, es ging hier um eine Entwickler Version und ich war kein Entwickler, aber was nicht ist kann ja noch werden dachte ich mir voller Neugierde und klickte den Bestell-Button auf der Oculus Website .

Endlich, nach mehr als sechs langen Monaten durfte ich nun zum Zoll rennen und mir das Teil gegen den üblichen Aufschlag abholen.
Ich hatte mir natürlich schon etliche Erfahrungsberichte über die Rift reingezogen und mir ein Bild gemacht wie so ein Ausflug in die virtuelle Realität wohl sein würde und tatsächlich bestätigte sich dieses Bild in meinem Kopf. Das Sichtfeld war tatsächlich ein Sichtfeld und nicht nur eine virtuelle Leinwand, es war zwar nicht so groß wie mein reales, eher so groß wie das wenn man eine Taucherbrille trägt, aber es gab einem trotz der doch recht groben Pixel und dem Fliegengitter-Effekt, ein Gefühl davon wirklich in einer anderen, virtuellen Welt zu sein. Anfangs hatte ich bei einigen Demos ab und an mal das Problem der Motion-Sickness, doch das wurde bei jedem mal besser und kommt mittlerweile nur bei sehr unrealistischen oder extrem schnellen Bewegungen vor. Ich gehe stark davon aus, dass das, zumindest bei mir, mit der Verkaufsversion der Oculus Rift absolut kein Thema mehr sein wird. Ich habe schnell festgestellt das Simulationen, bei denen die virtuelle Körperposition, mit der tatsächlichen Körperposition übereinstimmen den größten Immersionseffekt haben. Spiele bei denen man beispielsweise sitzend ein Vehikel steuert funktionieren also grundsätzlich am besten, wenn man die Oculus Rift vom Schreibtisch aus benutzen will. Natürlich lassen sich von dort aus auch Ego-Shooter wunderbar spielen, wer dabei allerdings auf der Suche nach der größtmöglichen Immersion ist, wird am Schreibtisch nicht fündig. Erst wenn man seinen Körper mit ins Spiel bringt wird es so richtig interessant. Die Demo “Crashland” hat mich von allen am meisten beeindruckt. Hier schlüpft man buchstäblich in die Haut eines, auf einem feindseligen Planeten gestrandeten, Weltraumcowboys, der sich gegen fette Alien-Käfer, die an den Film Starship Troppers erinnern, zur Wehr setzten muss. Stehend schaue ich an meinem virtuellen Körper hinunter. Dank des Motion–Controllers Razer Hydra, der für diese Demo unabdinglich ist, finde ich in meinen beiden Händen jeweils eine futuristische Feuerwaffe. Es ist ein abgefahrens Gefühl zu sehen, dass meine virtuellen Arme mit meinem echten Armen beinahe parallel geschaltet sind. Wer diese Demo im Stehen spielt und einmal von der zugegeben gewöhnungsbedürftigen Fortbewegung absieht, der bekommt eine Ahnung davon wie VR sein sollte.
Ich muss euch an dieser Stelle aber warnen. Just in dem Moment als ich das erste Mal die Rift benutzt habe, habe ich jegliche Lust an “normalen” Egoview-Spielen verloren. Klingt verrückt, ist aber wirklich so. Warum soll ich mir ein Bild von einem Spiel anschauen – wenn ich doch mitten drin sein kann? Gut, ich gebe zu mit dem Developer Kit macht mir das Spielen auf Dauer auch keinen Spaß, dazu ist u.a. die Auflösung einfach noch zu schlecht, außerdem gibt es zur Zeit nur wenige komplette Games, die nativ für die Rift entwickelt worden sind. Auch die in meinen Augen sehr wichtigen VR-Devices, die die Rift ergänzen werden (wie z.B. das PrioVR System) sind bisher noch in der Entwicklung. Man muss das Gerät ganz klar als ein für Entwickler gemachtes Tool sehen das für Gamer eher ein Teaser auf das ist was noch kommen wird. Daher rate ich allen die keine Spiele entwickeln wollen dazu auf die Verkaufsversion zu warten. Ich selbst habe mir die Rift im Übereifer bestellt und wenn mich das Gerät nicht dazu inspiriert hätte die Game-Engine Unity3D zu lernen um selbst ein VR-Spiel zu entwickeln, läge das gute Stück jetzt sicher schon wieder im Schrank.

Fazit

Mit der Veröffentlichung des Oculus Rift Developer Kit ist meiner Meinung nach endlich der Startschuss für die Entwicklung zur nächsten Evolutionsstufe des Videospiels gefallen. Das Kickstarter-Projekt hatte eine immense Auswirkung, welche eine tsunamiartige Welle des kreativen Schaffens ausgelöst hat, die ihre volle Größe noch längst nicht erreicht hat. Das Entwickler-Kit der Rift ist ein für zukunftsorientierte Spieleentwickler unverzichtbares Tool, doch für Spieler mit kleinerem Geldbeutel nicht unbedingt zu empfehlen da das Gerät in dieser Form noch ziemlich weit vor seiner Vollendung steht. Wer also kein Vollblut–VR-Nerd ist, sollte noch bis zur Verkaufsversion warten, die mit etwas Glück zum Ende 2014 erscheinen wird.