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The Cell – Editorial gone wrong

Viel Spaß!

4 Minuten und 45 Sekunden, so lang ist der prämierte Videoclip der Band R.E.M. zum Hit Losing My Religion mit dem der Regisseur Tarsem Singh den ersten größeren Erfolg feierte, neun Jahre danach war The Cell sein erster Versuch als Spielfilmregisseur.

Catherine Dean, gespielt von Jennifer Lopez, ist Psychologin, die die Fähigkeit hat mittels einer experimentellen Technik in das Unterbewusstsein ihrer Patienten einzudringen. Diese Fähigkeit wird auf eine harte Probe gestellt als sie vom FBI-Agenten Peter Novak dazu überredet wird in das Unterbewußtsein des irren Mörders Carl Rudolph Starker einzudringen. Dieser wurde bei der Festnahme verletzt und liegt nun im Koma. Seine Hinterlassenschaft ist ein letztes Opfer, welches gefangen in einer tödlichen Falle hockt – Catherine ist die letzte Hoffnung um das Opfer zu finden.

Was an dieser Stelle zu einem Serienkillerfilm im Stile von Das schweigen der Lämmer hätte werden können, nimmt leider früh eine andere Abfahrt. Obwohl Jennifer Lopez unter anderem mit Out of Sight durchaus auf der Leinwand Erfolge feiern konnte, liegt ihr Karriereursprung doch in der Musik, was  anscheinend den Regisseur dazu veranlasst hat, sich in seinem Erstlingswerk The Cell mehr an seinen Musikclip-Wurzeln zu orientieren als an den Erfordernissen eines Spielfilms. The Cell ist über weite Strecken ein optischer Leckerbissen, opulente Sets, ausgefallene Kostüme und oscarnominiertes Make-Up illustrieren die im Unterbewusstsein der Protagonisten spielenden Szenen und beeindrucken den Zuschauer. Viele der Sets sind von zeitgenössischer Kunst inspiriert, so zum Beispiel die Pferde-Szene, welche auf einer Installation von Damien Hirst basiert. Die Menge an Überlegung und Detailarbeit, die in das Aussehen von The Cell gesteckt wurde merkt man dem Film an, leider auch den Drang des Regisseurs dieses zu betonen. Die in der Realität spielenden Szenen wirken demgegenüber immer häufiger wie ein willkommender Ruhepol, der von einem gewaltigen Bilderrausch ablenkt, der gelegentlich den Zuschauer zu erschlagen droht. Ständig wiederholen sich Szenen, in denen unendlich lange Großaufnahmen von Jennifer Lopez in schönen Kleidern zu sehen sind, und so wirkt The Cell in seinen besten Momenten wie ein Editorial-Shooting der Vogue – in den schlechten klingt er auch so.

Der Bombastoptik wird leider die Charakterentwicklung geopfert und so kommt es, daß der Zuschauer kaum eine Beziehung zu der Protagonistin aufbauen kann, stattdessen ihrer Reise durch das immer alptraumhaftere Innenleben des Mörders mit Gleichmut gegenüber steht. The Cell vergisst es generell, uns die Hauptfiguren näher zu bringen. Diese sind kaum ausgearbeitet und geben den Schauspielern wenig Material zum Arbeiten. Vince Vaughan in der Rolle des FBI-Agenten spielt seine Rolle mit der für ihn typisch locker humorvollen Art, die er auch hier nicht ablegen kann, aber  die so gar nicht zu der düsteren Grundstimmung von The Cell passen will. Die Rolle des Bösewichts war jedoch ein Treffer des Besetzungsbüros. Vincent D´Onofrio spielt Stargher mit einer umheimlichen Präsenz und Intensität, die einem – ähnlich wie seine Leistung als Private Paula – Gänsehaut beschert. Ein Effekt, der sich leider schnell abnutzt und nicht weiter von mangelnder Dichte in der Story ablenken kann. Sympathiepunkte bekommt The Cell jedoch für das verwendete VR-Interface, enge Schwebeanzüge und ein Tuch vor den Augen scheinen wesentlich komfortabler als ein Metalldorn im Nacken oder eine Nabelschnur im Rücken.

The Cell  ist ein mäßig spannender Film der sich zu sehr auf die Tragkraft seiner Bilder und zu wenig auf das Erzählen einer Geschichte konzentriert. Der Sprung vom Musikvideo zum Hollywood-Film ist Singh mit diesem Werk nicht gelungen. Unabhängig funktioniert The Cell hervorragend, wenn man die Tonspur durch ein beliebiges Nirvana-Album ersetzt.