Mit den heute veröffentlichten Spezifikationen der Vive Focus erscheint eine recht neue Spezies von VR-Hardware auf dem Markt, wenn auch zuerst in China. Sie punktet mit einem hochauflösenden Display und Inside Out Tracking, besitzt aber nur einen Smartphone-Prozessor und ein eingeschränktes Tracking des Controllers. Außerdem ist sie mit rund 600 US-Dollar kein Schnäppchen. Ist die Vive Focus deshalb eine sinnlose VR-Brille?
Vive Focus: VR ist mehr als Spiele
Die Vive Focus bedient tatsächlich eine Zielgruppe so gut wie gar nicht: Spieler. Bei der HTC Vive sieht das anders aus, die Technologie und anfangs ausschließlich den Store von Valve verwendete. Damit konnte die Lösung einen echten Blitzstart hinlegen, die Infrastruktur war ja schon da. Nun ist Steam auf Spiele fokussiert, HTC kann mit dem seinem Viveport andere Schwerpunkte legen und auch bei Software ein wenig dazuverdienen. Neben Spielen widmet sich HTC seit einiger Zeit professionellen Gefilde und engagiert sich beispielsweise mit Vive Arts sehr stark im Kunstbereich. Und hier kommt die Vive Focus ins Spiel.
Eine Installation mit HTC Vive, PC und Kabel beispielsweise in einem Museum ist aufwendig, umständlich und für Besucher nicht unbedingt komfortabel. Wenn man größeren Besuchergruppen VR erleben lassen will, potenziert sich der Aufwand noch – abgesehen von der mangelnden Bewegungsfreiheit. Alle diese Probleme löst die Vive Focus: Man braucht nur das Headset und keine zusätzliche Hardware, außer vielleicht Kopfhörern. Und die VR-Reisenden hängen nicht am Kabel. Bei der HTC Vive muss man für einen ähnlichen Komfort noch in TPCast und den Deluxe Audio Strap investieren – was die Kosten noch weiter in die Höhe treibt. Man rechne mal zusammen: 1170 Euro werden für die HTC-Vive-Lösung ohne PC fällig. Dagegen erscheinen die 600 Dollar für die Vive Focus dann doch wie der bessere Deal.
Alles eine Frage der Kunst
Wenn man sich nun allein die Kunst-Schiene ansieht, dann passt plötzlich (fast) alles zusammen: Ein guter Bildeindruck mit möglichst wenig Fliegengitter ist wesentlich wichtiger als ein superschneller Prozessor. Man benötigt auch keinen Spiele-Controller, sondern einen, der möglichst einfach zu verwenden ist. Das System muss schnell aufgesetzt und wieder abgesetzt werden können. Bleibt noch die Frage nach der Hygiene und man man die Gesichtauflage wechseln oder gut reinigen kann.
Und außerhalb des Kunstbereiches? Auch da gibt es unüberschaubar viele Einsatzmöglichkeiten. Wie beispielsweise im Kino, um kommende Filme zu bewerben. Oder in Buchhandlungen, um in eine immersive Trailer-Welt einzutauchen. Oder für eine Autohersteller-Lobby, um virtuelle Testfahrten zu unternehmen. Hinzu kommen noch unendliche Möglichkeiten beispielsweise in Schulen und in Ausbildungsstätten. Mit der Vive Focus hat HTC also ein fast perfektes Produkt für sehr viele Einsatzzwecke im Programm. Nur definitiv nicht für Spieler. Für die gibt es weiterhin die HTC Vive, die Oculus Rift und die PSVR.