Virtual Reality wird immer größer und öffentlichkeitswirksamer. Sowohl auf der E3 als auch der gamescom 2015 war VR ein treibendes Thema – Grund genug für den deutschen TV Sender N24 eine Dokumentation rund um das Thema Virtual Reality zu drehen, welche ihr euch am Freitag den 04.09.2015 um 18.25 Uhr anschauen könnt. Wir von VR Nerds hatten die Möglichkeit uns mit Marcus Tychsen, welcher als Reporter durch die Doku führt, unterhalten zu können. Tychsen arbeitet seit Beginn des Senders im Jahr 2000 als Moderator, Redakteur und Reporter für N24 und agiert auch jährlich auf der IFA als Moderator. Was er selbst vom Thema VR hält, erfahrt ihr im folgenden Interview.
Marcus Tychsen
“Vielleicht muss man manchmal auch daran glauben, die Welt zu verändern”
VR Nerds: Wie kam es zu dieser Dokumentation? Gab es einen ausschlaggebenden Punkt?
Marcus Tychsen: N24 hat sich im Sommer 2015 über Möglichkeiten informiert, 360-Grad-Bilder auch für die aktuelle Berichterstattung einzusetzen. Zugleich lief die Entwicklung von VR-Brillen
auf Hochtouren. Als sich auch Youtube entschied, einen 360-Grad-Kanal aufzumachen und damit das Problem von Extra-Playern wegfiel, war klar, dass das ein spannendes Thema werden würde. „Die Welt“ hat parallel an einer Titelgeschichte zur IFA gebastelt – so kam das alles perfekt zusammen.
VR Nerds: Wie lange hat die Recherche und Produktion der Doku gedauert?
Marcus Tychsen: Etwa dreieinhalb Monate. Zu Beginn war wenig Zeit für Recherche, weil bereits zwei wichtige Events zum Thema VR und 360 Grad in Prag und Los Angeles stattfanden. Also wurde erst mal gedreht und sich dabei informiert…
VR Nerds: Hattest du mit Motion Sickness zu kämpfen?
Marcus Tychsen: Das war bei mir kein Problem, wobei ich auch schon die verbesserten bzw. neuen Brillen von Oculus, Sony und HTC testen konnte. Aber auch mit Cardboards hatte ich keine Motion Sickness – einmal nach längerem (exzessiven) Test aber Kopfschmerzen.
VR Nerds: Mit welchen Branchengrößen konntest du ein Interview führen?
Marcus Tychsen: Alle, die in der Doku zu sehen sind. Weniger die großen Namen wie Palmer Luckey, sondern diejenigen, die VR durch ihren Enthusiasmus vorantreiben. Also neben Firmen wie Sony und HTC vor allem Entwickler und Programmierer, die jetzt erst austesten, was in VR geht und was nicht.
VR Nerds: Wie empfandest du die Stimmung auf der E3 bezüglich Virtual Reality?
Marcus Tychsen: Aufbruchsstimmung und Begeisterung – mehr als auf der gamescom. Vielleicht sieht man das hier realistischer, vielleicht muss man manchmal auch daran glauben, die Welt zu verändern – was US-Entwickler eher tun als Europäer.
VR Nerds: Gibt es ein VR-Erlebnis, welches dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Marcus Tychsen: Der Test der HTC Vive, weil die Bewegung im Raum und das Einbinden der Hände eindeutig die virtuelle Welt erweitert. Witziger Weise hat mich die Vive bei ihrer Vorstellung in Barcelona auf dem MWC dieses Jahr zunächst weniger interessiert, da war ich noch auf Smartwatches und Co fixiert.
VR Nerds: Glaubst du, dass in Zukunft auch Dokumentationen in VR an der Tagesordnung sein werden?
Marcus Tychsen: Momentan ist das eine Erweiterung der Möglichkeiten, ein zusätzlicher Service. Mal eben mit der 360-Grad-Kamera ein reales Ereignis drehen ist unkompliziert. Aber richtig hochwertig zu drehen, am besten noch dreidimensional, das ist noch ziemlich aufwändig. Von daher: Es wird VR-Dokus geben, aber alltäglich werden sie absehbar noch nicht sein.
VR Nerds:Eine Dokumentation über VR im öffentlichen Fernsehen zeugt ja bereits davon – glaubst du, dass sich die virtuelle Realität in der breiten Gesellschaft etablieren wird oder bleibt es eher eine Randerscheinung?
Marcus Tychsen: Beim Gaming wir sie sich definitiv etablieren, im Bereich von 360-Grad-Vides auch, sobald die Kameras günstiger und einfacher zu bedienen sind. Dann werden wir aber wohl auch irgendwann mit 360-Grad-Katzenvideos überschwemmt, die kein Mensch braucht.
VR Nerds: Hast du einen Favoriten unter den VR-Brillen?
Marcus Tychsen: Ich glaube, die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Nahezu alle Geräte sind noch zu schwer und klobig, um damit zwei Stunden zu spielen oder zu gucken. Bei der Oculus nervt das Kabel, bei Samsung sind die Inhalte stark begrenzt, bei der Vive sind die Controller zu unhandlich. Und Cardboards sind sowieso nur eine Einstiegsdroge.
VR Nerds: Was hast du selbst aus der Dokumentation mitnehmen können?
Marcus Tychsen: Wie rasant sich die VR-Welt gerade verändert. Geräte und Software wurden während der Konzeption laufend verbessert – 2015 war überhaupt ein Jahr der ständigen Veränderungen bei VR. Was fehlt, ist auch noch jegliche Form von Standard. Andererseits konnte ich so Welten sehen, die gerade erst
entstehen. Das war faszinierend.
VR Nerds:Wenn du dir deine eigene, perfekte virtuelle Realität erschaffen könntest – wie würde diese aussehen?
Marcus Tychsen: Da lasse ich mich glaube ich lieber von Welten überraschen, die ich neu entdecken kann und wo ich eben nicht weiß, was passieren wird.
Bilder: N24