Gemeinsam besuchten wir die Unite 2018 in Berlin, auf der ich erstmals die Luft einer solchen Konferenz schnuppern durfte. Meine Impressionen der vorgestellten Inhalte und Präsentationen ergaben zusammengesetzt ein interessantes Bild in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft: das Metaverse. Neben spannender AR-Technologie haben wir den AutoTech Summit genauer unter die Lupe genommen und dabei interessante Erkenntnisse gewonnen. Unsere gesammelten Eindrücke über die Unity Unite 2018 möchten wir euch nun näherbringen.
Unite 2018 Berlin aus der Sicht von Ole: Multiplanar-AR und tanzenden Avataren
Eines möchte ich meinen Eindrücken vorwegnehmen: Jede Person, mit der ich sprach, war sich über einen Punkt einig: Es gibt noch einige komplexe technische Hürden zu überwinden, bevor die Technik reibungslos funktioniert. So brauchte es selbst in der Keynote einige Anläufe, bis die neue Multiplanar-App tat, wie sie eigentlich tun sollte. Dafür ist Multiplanar-AR jedoch eine ziemlich coole Nummer, denn die Technologie erlaubt es, die Grenzen herkömmlicher AR-Apps zu überwinden und deutlich flexiblere Anwendungen zu entwickeln.
So kann beispielsweise ein Avatar von einem Tisch auf den Boden springen, ohne dass eine Verbindung zwischen den jeweiligen Flächen vorhanden ist. Das klingt vielleicht zunächst wenig spektakulär, aber es erlaubt prinzipiell die Erschaffung einer durchgängigen AR-Welt. Außerdem ist es dadurch möglich, unabhängig voneinander entstandene Umgebungsscans zu verbinden. Man kann sich das folgendermaßen vorstellen: Durch die Technologie könnte man irgendwann eine 3D-Karte der gesamten Welt erstellen, um darin digital eingebettete Inhalte zu teilen. Ein Projekt, welches sich ursprünglich das von Google gegründete Unternehmen Niantic auf die Fahnen schrieb. Kombiniert man dies mit Fantasy-Elementen, könnte ein Szenario Realität werden, indem man stetig von digitalen Begleitern umgeben ist. Und wer wünscht sich keinen Drachen als Haustier, der einem auf Schritt und Tritt folgt?
Die Schwerpunkte “Multiplayer” und “Teilen von Inhalten” waren insgesamt die großen Themen der Unite, gekrönt von der Ankündigung einer engen Kooperation von Unity mit der Google Cloud. Das Ziel ist klar: Unity möchte uns vernetzen und personenbezogene Daten effektiver Nutzen. Natürlich wissen wir alle, welches riesige Potenzial in dieser Entwicklung steckt. Allerdings stellt sich auch gleichzeitig ein mulmiges Gefühl ein, das nach der Ankündigung deutlich im Publikum zu spüren war.
Was in einem Metaverse natürlich nicht fehlen darf, sind persönliche Avatare. Es gibt inzwischen ziemlich coole Techniken, um die Alter Egos in die virtuelle Welt zu bringen. Ein Beispiel dafür wäre Wolf3D. Das Unternehmen erstellt entweder glaubhafte oder total verballhornte Ebenbilder aus Kameraaufnahmen. Selbst die Mimik lässt sich in Echtzeit auf das virtuelle Selbst übertragen. Das macht auf jeden Fall richtig viel Spaß! Auf Personen, die bereits von Leuten irritiert sind, die mit Headsets im Supermarkt telefonieren und dadurch vermeintlich mit leblosen Objekten sprechen, dürfte die Technologie jedoch zunächst abschreckend wirken.
Enttäuschend dagegen empfand ich die Präsentation von Magic Leap, die durch beeindruckende Inhaltsleere bestach. Das Unternehmen hält sich nach wie vor bedeckt. Einzig ein paar vage Erkenntnisse über die Schaffung von Immersion mit einem kleinen Field-of-View gab es zu hören. Über die Hardware präsentierte man nichts Neues und zum eigentlichen Motto der Unite, dem Thema “Multiplayer”, gab es ebenso keinerlei neue Einblicke. Als ich bei den Verantwortlichen vor Ort dazu nachfragte, erhielt ich lediglich ein generisches: “Ja, das ist wichtig, wir forschen daran”, als Antwort zurück.
Unite 2018 aus der Sicht von Blex: XR in der Automobilindustrie
Die Hälfte der Unite verbrachte ich auf dem AutoTech Summit, einem speziellen Track, in welchem sich sämtliche Vorträge um die Automobilindustrie drehten. Mit dem Hintergrundwissen, dass die Unite zum ersten Mal in Deutschland stattfindet, vermutete ich eine Marketing-Veranstaltung für die Automobilindustrie. Jedoch musste ich glücklicherweise rasch feststellen, dass ich mich getäuscht hatte. Zumindest größtenteils, denn natürlich gab es auch einzelne Vorträge, in denen die eigene Arbeit unreflektiert über den Klee gelobt wurde. Die meisten Inhalte waren allerdings informativ. Dabei standen vor allem zwei Dinge im Fokus: CAD und XR.
Wer mit diesen Begriffen nichts anfangen kann: CAD steht für computer-aided design bzw. rechnerunterstütztes Konstruieren und beschreibt den Prozess mithilfe von Software 2D- oder 3D-Modelle von Produkten zu kreieren, um diese später z. B. auf Fertigungsstraßen produzieren zu können. Warum dies nun so ein großes Thema auf einer Konferenz einer Echtzeit-3D-Engine ist? Nun: Bei digitalen 3D-Modellen gibt es zwei Welten. Eine hat zum Ziel, so präzise wie möglich verschiedene Formen abzubilden, damit Fräsmaschinenprodukte exakt und wie geplant produzieren können. Die andere Welt zielt darauf ab, 3D-Modelle auf dem Computer darzustellen. Diese Art kommt also bei CGI-Effekten in Film und Fernsehen, Echtzeit-3D-Darstellungen in Games und Simulationen zum Tragen. Selbstverständlich will Unity eine Heimat für beide Welten sein.
Über den Begriff XR sind sicher die meisten Leser/innen unseres Blogs bereits gestolpert. Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff für VR, AR und MR, der sämtliche neuen Technologien, die auf -Reality enden, zusammenfasst. Im Klartext gingen die meisten Talks also darum, wie man die Konstruktionspläne von Autoteilen in Augmented- bzw. Virtual Reality visualisieren kann.
Mein persönliches Highlight des AutoTech Summits war der Talk “The Secret to Creating Great XR Experiences” von Jens Angerer, dem Projektmanager des Teams Mensch-Maschine-Interaktion und Professor für Augmented and Virtual Reality der Technischen Hochschule Ingolstadt. Er berichtete über die Entwicklung neuer XR-Lösungen im Audi Production Lab. Dabei wird nach wissenschaftlichen Standards vorgegangen, indem zunächst eine Hypothese inklusive Leistungsindikatoren formuliert wird. Diese gilt es daraufhin in einem Experiment, in Form eines XR-Prototypen, zu überprüfen. Sollte das Experiment die Hypothese falsifizieren, muss diese umformuliert und erneut getestet werden. Die eigentliche Entwicklung der technischen Lösung beginnt also erst nach der Verifizierung der Hypothese durch das Experiment.
Meiner Ansicht nach sollten die genutzten Ansätze aus der Wissenschaft bei allen XR-Entwicklungen zum Tragen kommen. Denn unter derartigen Qualitätsstandards wären uns so manche miese VR-Portierungen von Spielen erspart geblieben. Leider sehe ich viel zu häufig die unreflektierte Entwicklung von XR-Anwendungen, ohne angepassten Schwerpunkt auf die Neuen Medien. Entsprechend werden alte UI/UX-Elemente von klassischen Desktop-Anwendungen oder -Spielen einfach aus Marketing-Gründen in die XR übertragen.
Fazit zur Unite 2018:
Die Unite 2018 war anstregend, teilweise chaotisch und trotzdem sehr lehrreich. Würden wir anderen Unternehmen empfehlen, ihre Entwickler zur Unite zu schicken? Dev-initiv! Bleibt nur die Frage: Was waren eure Highlights der Unite 2018?